22.12.16 || WIESBADEN (21. Dezember 2016) - Nicht unbedingt verständlich, aber der glänzenden schauspielerischen Leistungen wegen vom Publikum auch in der zweiten Aufführung bejubelt, präsentiert das
Hessische Staatstheater Martin Mc Donaghs neuestes Stück, das den Alltag eines „arbeitslos" gewordenen Henkers vor Augen führt. Er betreibt nun seine Schankwirtschaft, statt Köpfe rollen zu lassen,
steht hinter der Theke oder hockt saufend am Tisch und lässt seine erfolgreiche Tätigkeit Revue passierten.
Das makabre Stück erlebte seine bejubelte Uraufführung vor einem Jahr in London, wo man ja für Skurriles ein ganz besonderes Faible hat und deshalb liebt. Die aberwitzige Handlung des bei uns noch völlig unbekannten Autors kam in Wiesbaden bestens an. Sie beginnt mit der Hinrichtung eines seine Unschuld lautstark beteuernden und sich mit aller Macht gegen das Leben ohne Kopf wehrenden „Verbrechers", von dem niemand so recht weiß, ob er überhaupt einer ist. Die Schlinge fest um den Hals, saust er wortlos und mit verbundenen Augen kurz und bündig ab in die Tiefe.
1. Der Henker (Tom Gerber) bereitet seine letzte "Arbeit" vor
Scharfrichter Harrry Alan (Tom Gerber), ein Londoner Kleinbürger, waltet ohne den geringsten Anflug von Gewissensbissen seines Amtes und feiert anschließend mit den Kumpanen ausgiebig diese letzte
Tätigkeit, während Frau und Tochter alle mit genügend Bier versorgen. Harrys starkem Selbstwertgefühl ist auf Erden nur ein einziger Mensch wirklich im Wege: Der verhasste und zugleich beneidete
Berufskollege Pierrepoint, den Uwe Zerwer als aufgeblasenes Großmaul gibt, das alle von oben herab behandelt und mit Genuss demütigt. Ein Angeber, der mit seinen zweifelhaften Erfolgen so lautstark
prahlt, dass es den anderen schier die Sprache verschlägt, während hinter einem Vorhang verborgen ein Mann gerade sein Leben beendet und anschließend rasch beseitigt wird. Niemand weiß genau zu
sagen, ob er vielleicht nur ein Wichtigmacher war, der mit des Henkers flügger Tochter irgendetwas angestellt hatte und in Eile wegzuschaffen war.
Es geht halt brutal zu in diesem „Familienidyll", in dem alle wie Pech und Schwefel zusammenhalten. Man schreibt das denkwürdige Jahr 1956, in dem in England die Todesstrafe abgeschafft und Henker Harry somit arbeitslos wurde. Ein Denkmal setzte ihm für seine Arbeit freilich niemand, aber die Erinnerung an seine letzte Hängung lebte unvergessen fort. Unter anderem in McDonaghs von Michael Raab übersetztem makabren Stück, in dem ebenso viel gesoffen wie schwadroniert wird und das endgültige Aus für diesen Berufsstand gekommen ist. Harrys Kneipe wird zum Treffpunkt dubioser Gestalten, denen der große Pierrepoint als nie erreichtes, bewundertes Vorbild dient.
2. Die Thekenrunde in Hangman´s Kneipe. Fotos (2): Hessisches Staatstheater
Tom Gerber gibt diesen Harry als einen Mann, den eigentlich nur die im eigenen Berufsleben nie erreichte Berühmtheit des großen Pierrepoint wurmt, mit der er nun bis zu seinem Ende leben muss, mit
Bravour Stefan Graf spielt Moonley, den rätselhaften Fremden, Uwe Kraus den Inspektor und Benjamin Krämer-Jenster den völlig überdrehten schwerhörigen Arthur. Als weitere herunter gekommene Größen
der Szenerie präsentieren sich Ulrich Rechenbach in der Partie des Syd, Konstantin Bühler als Bill, Rainer Witt als Charly, Maximilian Pulst als Clegg, Evelyn Faber als Harrys Frau Alice und
Liewellyn Reichman als flügge Tochter Shirley. Ein rasant gespieltes, typisch englisches Stück mit witzigen Dialogen, deren Art Humor allerdings einiger Gewöhnung bedarf, und das Abend für Abend mit
fröhlichem Beifall des Publikums für die durchweg glänzenden Schauspieler belohnt wurde.
Nächste Aufführungen am 23. Dezember, 21. Januar und 16. Februar 2017.- Kartentelefon 0611 - 13 23 29