04.04.17 || FRANKFURT (04.
April 2017) - Beim Betreten des kleinen Theaters mitten in Alt-Sachsenhausen starren den Besucher übergroß aufgerissene Augen hinter schwarz umrandeten Brillengläsern vom Hintergrund der Bühne an. Es
sind Georg Kreislers Augen, erschrocken oder provozierend? Sie blicken nur noch am Freitagabend, 7. April, 19.30 Uhr - es ist die letzte Vorstellung - auf die Zuschauer herab. Um es gleich vorweg zu
nehmen: die ausgewählten Lieder werden dem Ruf Kreislers als bissiger und makaberer Kabarettist gerecht. Die Akteure auf der Bühne im Theater Alte Brücke: Franz Fischer am Klavier und Alexander J.
Beck und Sabrina Faber haben im Nachruf-Programm zu Kreislers „Immer wieder Tauben vergiften" die richtigen Töne und Register gezogen, was mit vielfachem Zwischen- und lang anhaltendem Schlussapplaus
belohnt wurde.
Kreislers Augen. Foto: Theater Alte Brücke
„Wie lacht es sich als Jude?" ist Kreisler mehr als einmal in seinem Leben gefragt worden. Die Antwort kennt, wer sich mit seinen Liedern und Texten auseinandersetzt, die oft so makaber sind, dass man sich fürchten könnte und trotzdem lachen muss. Georg Kreisler, geborener Wiener Jude, emigrierte 1938 als 16-jähriger mit seinen Eltern in die USA und kehrte erst 1955 nach Wien zurück.
Fischer, Beck und Faber auf der kleinen Bühne sangen, erzählten und spielten sich in die Herzen der Kreisler-Fans. Dass Kreisler davor warnte, darauf zu achten, wer bei Erfolg applaudiert, erfuhr das allgemeine Publikum ebenso wie einiges über seine Kabarett-Sendung im ORF „Die heiße Viertelstunde", die oft für Unruhe bei den Intendanten sorgte und nach und nach immer seltener ausgestrahlt wurde.
Über den Wert des Menschen, in Chemikalien des Körpers berechnet - nämlich 40 Schilling - hat der Meister des Makabren philosophiert, erfuhr man. Und in einem Sketch wurden auch Goethe, Schiller und Heine bemüht - alles sehr vergnüglich.
Viele der Kreisler-Lieder sind sehr bekannt wie z.B. das über die 2 alten Tanten, die Tango tanzen mitten in der Nacht, ungeachtet dessen, was Schreckliches auf der Welt passiert. Oder „Schützen wir die Polizei" und das Lied einer Mörderin oder die Telefonbuchpolka.
Dass der Tod - das Morbide - Georg Kreisler immer wieder zu Liedern inspiriert hat, weiß man. „Der Tod, das muss ein Wiener sein" ist eines der bekanntesten.
Auf die vergifteten Tauben im Park musste das Publikum lange warten. Aber es wurde belohnt. Dass das Lied dann in waschechtem „Frankforterisch" gesungen wurde, war überraschend nett, und es schien, als würden das Publikum gleich schunkeln zum 3/4 Takt - wenn der Text nicht so erschreckend wäre. Ja, das macht Kreisler aus.
Franz Fischer am Klavier und Sänger und auch Alexander Beck und Sabrina Faber merkte man die Freude am Kreisler-Interpretieren förmlich an. Manchmal kam Einiges wohl etwas zu hektisch, laut und gewollt daher. Ein wenig subtiler hätte gut getan. Aber die Leistung der Protagonisten im Theater Alte Brücke war dennoch beeindruckend, sowohl durch Musik, Gesang - aber auch durch Gestik und Körpersprache.
Zu sehen ist „Immer wieder Tauben vergiften" nur noch am 7. April 2017. Beginn 19.30 Uhr. Karten gibt es nur noch in wenigen Stückzahlen an der Abendkasse. Mehr unter: www.theater-alte-brücke.de