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Kunst & KulturBühne › Ein Möchtegern-Künstler auf dem Weg ins Nichts

Ein Möchtegern-Künstler auf dem Weg ins Nichts

Taboris „Führer"-Farce im Wiesbadener Kleinen Haus- Eine grandiose schauspielerische Leistung - Kalter Schauer aber auch Nachdenklichkeit bei dem Publikum           von Britta Steiner-Rinneberg

10.06.17 || altWIESBADEN (09. Juni 2017) - Georg Taboris 1987 uraufgeführte Farce „Mein Kampf" mit dem bitterbösen Hintergrund steht in Bernd Mottls Regie auf der Bühn des Wiesbadener Kleinen Hauses und führt die Zuschauer über 70 Jahre zurück in eine Zeit mit Millionen unschuldiger Opfer.

Des Autors gallige Geschichte spielt in einem Quartier, in dem Obdachlose, Arbeitslose und aus der Bahn Geschleuderte ihre Hoffungen auf eine Zukunft ohne Aussicht setzen und praktisch von einem Tag auf den anderen leben. Einer von ihnen ist der Neuzugang Adolf Hitler: Ein erfolgloser, aber von seinem Können überzeugter Kunststudent, der munter drauflos schwadroniert und in seinem Bettnachbarn einen aufmerksamen, mitfühlenden und hiflsbereiten Zuhörer findet.

Angst und Schrecken und der Tod von Millionen Unschuldiger, die auf grauenvolle Weise vom Leben in den Tod getrieben wurden, bilden den Hintergrund für das vor 30 Jahren verfasste Stück, das zu jenen Theaterstücken zählt, an die zu erinnern einfach notwendig ist. Taboris Farce geht auch die jüngere Generation an, die diese Zeit nicht selbst erlebt hat, weil Eltern und Großeltern oft beharrlich schwiegen. Sie mögen vielleicht einen blassen Schimmer von dem bekommen haben was
sich damals ereignete, den einen zu Glanz und Glorie verhalf und die anderen ihr Leben in unvorstellbarem grenzenlosem Elend den Kazetts jammervoll zu ende gehen ließ.

Taboris Stück „Mein Kampf" hilft ihnen zwar nicht viel weiter, gibt aber drastische Einblicke in eine Zeit, die allzu gern vergessen oder übertüncht und erst in jüngerer Zeit nicht ohne Grund wieder aufgeführt und diskutiert wird Seine groteske Farce mit dem Möchtegernkünstler Adolf im Zentrum, mit seinem Scharfmachen und Scheitern, das ihn letztlich als Flucht in die offenen Arme der schon auf ihr wartenden Frau Tod treibt, ist ein Rückzug aus einer Welt, in der er wiederholt strauchelte und zum unausbleiblichen Ende führen musstet.

Stefan Graf steigt anfangs etwas tastend, dann aber klar und wie besessen in die Adolf-Rolle ein und bringt darstellerisch wie sprachlich souverän über die Rampe, was Tabori mit dem ans Publikum gerichteten Stück im Sinn hatte. Uwe Kraus gibt den viel wissenden und alles ertragenden, klugen und hilfsbereiten alten Buchhändler mit der Ahnung eines Ausgesonderten und Überflüssigen, der sein Schicksal voraus sieht, nichts daran zu ändern vermag und den Weg in den auf ihn wartenden Feuerofen gefasst beschreitet. Eine grandiose Leistung des Schauspielers, die bannt und Unwissenden kalte Schauer über den Rücken jagt. Auf der Bühne des Kleinen Hauses sind zwei exzellente Darsteller zu bewundern, die auch nichts ahnende, jüngere Besucher etwas von jener aus allen Fugen geratenen Zeit des „Dritten Reichs" mitbekommen und vielleicht sogar etwas darüber nachdenken lassen.

Die nächste Aufführung ist am 30. Juni 2017 - Beginn 19.30 Uhr - evtl. Restkarten noch an der Abendkasse