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"Händ' wäsche, Schötz aaleesche, sitze, esse!"

Frankfurter Köche bringen mehr als Würstchen auf den Tisch

10.01.09 || FRANKFURT (10. Januar 2009) - Kochen ist in - und originelle Experten stehen auch in Frankfurt am Herd. Die Kochaktionen der „Freitagsküche" verpflegen Kunstinteressierte, und für Diskogänger kocht ein Sternekoch in Sven Väths Technotempel. Bodenständig Frankfurterisches wiederum kredenzt Quereinsteiger Mirko Reeh in seinem Kochstudio im Stadtteil Bornheim.

„Eigentlich wissen wir selbst nicht so genau, was sie ist", sagt Thomas Friemel, Mitbegründer und Koordinator der Frankfurter Freitagsküche. Obwohl es die lockeren kulinarischen Freitagstreffen von Künstlern und Kunstinteressierten erst seit viereinhalb Jahren gibt, sind sie bereits legendär. „Wir wollten etwas auf die Beine stellen, das uns gefällt", sagt Regisseur und Theaterproduzent Friemel, „eine unkonventionelle Form, gemeinsam zu kochen und zu essen. Ohne Tischservice und mit Abräumen nur dann, wenn es unbedingt notwendig ist."

Thomas Friemel bildet mit Gregor Schubert und Virginie Dorso den aktuellen Kern der Freitagsköche. „Unsere Freitagstreffen sind auch so etwas wie Kontaktbörsen", sagt Gregor Schubert. Bei den sehr lockeren Begegnungen könnten „die Künstler nach den Vernissagen so richtig entspannen". Zuerst fanden die Kochaktionen in einem ehemaligen Autoteilelager in der Oskar-von-Miller-Straße statt, einem Gelände, auf dem junge Künstler arbeiteten und wohnten. Später lud man ins Atelierhaus Frankfurt ein, das bis heute das eigentliche Stammdomizil ist. Gekocht wurde aber auch schon im Künstlerhaus Mousonturm und im Schauspiel Frankfurt anlässlich von Kongressen und Festivals. Thomas Friemel steht häufig selbst am Herd. Wenn nicht gerade ein Gastkoch auftischt wie der Frankfurter Autor Matthias Altenburg alias Jan Seghers oder der Fotograf Peter Loewy.

Grüne Soße aus der Molekularküche


Sternengeschmückter wird im Frankfurter Osten gekocht, im Industriegebiet von Fechenheim. Unter dem Dach von Sven Väths futuristischem Technotempel „Cocoon Club" im Silk Bed Restaurant und im Micro Fine Dining bereitet Chefkoch Mario Lohninger international geprägte Speisen zu. Das Silk Bed ist ein Liegerestaurant, die Gäste tauschen ihre Schuhe gegen leichte Slipper und essen ausgestreckt auf weißen Leder-Loungemöbeln, begleitet von Lichteffekten und Wohlfühlklängen. Paris, Los Angeles, Japan, Südostasien und New York waren Stationen im bisherigen Leben Lohningers. Allein zehn Jahre lang wirkte der gebürtige Österreicher in den USA. Dem New Yorker Restaurant „Danube" bescherte er mit seinen Kochkünsten gleich drei Sterne im Guide Michelin.

Nach dem 11. September 2001 erlebte Lohninger die wohl emotionalste Zeit als Koch. Drei Monate lang kochten er und sein Team aus 200 Helfern täglich bis zu 30.000 Mahlzeiten für die Rettungsmannschaften am Ground Zero. Für seine Kochkünste im Silk Bed Restaurant wurde ihm erst 2007 einer der begehrten Michelinsterne verliehen. Das Restaurant in dem Frankfurter Technoclub ist ein solider Familienbetrieb: der Vater, ebenfalls Koch, Mutter Erika und Lebensgefährtin Sabine stehen Lohninger zur Seite. In regelmäßigen Abständen veranstaltet er auch Kochkurse. Und da kann auch schon mal die Frankfurter Grüne Soße Thema sein. Die habe er bereits in fünf ungewöhnlichen Varianten zubereitet und angerichtet. „Das ist immer sehr spannend, wenn ich in meinen Kursen das Frankfurter Traditionsgericht angreife", sagt Lohninger. Einmal hat er die Grüne Soße sogar nach Molekularküchenart zubereitet: Hat sie mit Stickstoff aufgeschäumt und die besonders luftige Kräutermasse dann mit einem Wachtelspiegelei serviert.

Koch mit Hang zum Hessischen


Das Bodenständige lieben Fans an Mirko Reeh. In seinem Bornheimer Kochstudio lädt der Quereinsteiger und Autodidakt, der ursprünglich eine Ausbildung zum Wirtschafts- und Verwaltungsfachmann absolviert hatte, regelmäßig zu Kochkursen ein. „Ich experimentiere klassisch", sagt Reeh, „und mag kein Tralala." Besonders ausgiebig „bastelt" auch er mit den Kräutern der Grünen Soße. Mehr als fünfzig Gerichte sind auf diese Weise entstanden. Wenn Reeh erzählt, spricht er am liebsten Südhessisch, „obwohl ich eigentlich aus Bad Hersfeld komme". Es gehe lockerer von den Lippen, habe „so was Heimisches". Er wolle die Leute zum Entspannen animieren, sagt er. Einer seiner Lieblingssätze: "Händ' wäsche, Schötz aaleesche, sitze, esse!"

Mirko Reeh ist zweifelsfrei der Frankfurter Koch, der am wenigsten hinter den Kulissen arbeitet. Er liebt die Öffentlichkeit, genießt den Auftritt. Im Hessischen Rundfunk läuft seine Sendung „Koch was draus", er ist regelmäßig bei der Sendung „Maintower" zu Gast, und erst kürzlich startete bei Vox die „Kocharena". Reeh lädt zum Krimi-Kochen ein und gemeinsam mit dem Frankfurter Travestiekünstler Bäppi Labelle zum unterhaltsamen Koch-Klamauk „Lia & Heinz. Gekocht wird woannersder", bei dem Reeh in die Rolle von Heinz Schenk und Bäppi Labelle in die von Lia Wöhr schlüpft. Für seine Verdienste um die gesunde Ernährung von Kindern - Reeh kochte mit ihnen regelmäßig in der Sendung „Quatsch mit Soße" - wurde der 31 Jahre alte Frankfurter zum „Koch des Jahres" ernannt. Am 2. Dezember wird er in Frankfurt sein „Reehstaurant" eröffnen. Den Gast erwartet eine wildbunte Mischung: „Von Thailändisch bis Grie Sooß". (pia/Annette Wollenhaupt)