14.11.17 || Frankfurt (13. November 2017) - Auch nach über 70 Jahren sind die menschenverachtenden Greuel des Dritten Reiches nicht aufgearbeitet. Kleine Bausteine wie Puzzle finden sich aber immer wieder
die Licht in das Dunkel bringen. Millionen Menschen sind in den Konzentrations- und Arbeitslagern wegen ihrer Religion umgekommen. Von vielen weiß heute keiner mehr, dass es sie zu ihrer Familie
gehörten. Vergessen, damit dies nicht passiert werden seit Jahren in Frankfurt und anderen Städten und Gemeinden sognannte Stolpersteine an den letzten Wohnstätten der Opfer von dem Iniatitor und
Künstler Gunter Demnig verlegt. So geschah es auch heute Montag auf dem Bürgersteig vor dem Haus Thomasiusstraße 10, wo für Karolina, ihrer Schwester und ihre Eltern vier Stolpersteine in den Boden
eingelassen wurden.
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Ein
Anhänger brachte den Stein ins Rollen. Hier die Replik von Karolina Cohns Anhänger, der in Sobibor gefunden wurde – Im linken Bild die Vorderseite und rechts die Rückseite. Fotos: Caroline Cohn´s Pendant, copy. The original in the collections of the State Museum at Majdanek in Lublin, Poland. © Rafael Herlich
Dem Schicksal eines jüdischen Mädchens aus Frankfurt, dass im Vernichtungslager Sobibor umkam, ging die Claims Conference Datenbank nach. Karolinas Schicksal war bereits weitgehend in Vergessenheit geraten. Das ihr Schicksal aufgearbeitet werden konnte verdankt sie dem Fund eines Amuletts und der mühevoller Arbeit des Claims Conference, die sogar Familienangehörige in aller Welt gefunden hat.
Gunter Demnig
beim Verlegen von Stolpersteinen. Foto: Archiv-RMTOM 11.2013 © Ralph Delhees
Auslöser waren Ausgrabungsarbeiten im Vernichtungslager Sobibor als die Archäologen Yoram Haimi (Israel) und Wojciech Mazurek (Polen) Ende 2016 einen silbernen Anhänger ausgruben. Auf ihm waren Geburtsdatum und als Geburtsort Frankfurt a.M. eingraviert, sowie auf Hebräisch der Wunsch „Viel Glück". Mit Hilfe der von der Claims Conference geförderten Datenbank in Yad Vashem in Israel konnten die Daten auf vorliegenden Deportationslisten eindeutig Karolina Cohn zugeordnet werden konnten. Gewissheit gab es auch durch die vorliegende Geburtsurkundebeim Standesamt in Frankfurt Carolina Cohn wurde am 11. November 1941 gemeinsam mit ihrer Familie mit dem zweiten Frankfurter Transport ins Ghetto Minsk deportiert.
Die Schülerin war bis zur ihrer Deportation in der Thomasiusstraße 10 im Frankfurter Nordend zuhause. Karolina war nur wenige Wochen jünger als die ebenfalls in Frankfurt geborene Anne Frank, die
nach Flucht in Holland im Konzentrationslager Auschwitz ums Leben kam.
Familienangehörige haben Rosen neben den Stolpersteinen niedergelegt. Foto: KranzPR
„Ohne den Fund des Amuletts im Vernichtungslager Sobibor hätte die Nachwelt nichts vom Leben, Leiden und vom Tod von Karolina Cohn erfahren. Auch wenn die Nachrichten über Karolina und ihre Familie bis heute ausgesprochen spärlich sind, so wird doch ihr Name durch die Verlegung des Stolpersteins für immer öffentlich in Stein gemeißelt sein", sagte Ruediger Mahlo, Repräsentant der Claims Conference in Deutschland. „Auch Dank der breiten Berichterstattung durch die internationalen Medien wird ihr Name aus dem Dunkel der Geschichte hervorgeholt", so Mahlo weiter.
Greg Schneider - Executive Vice President der Claims Conference in New York. Foto: Rafael Herlich
Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann begrüßte neben den Familienangehörigen den Repräsentanten der Claims Conference, Ruediger Mahlo rund hundert Teilnehmer, die der Einladung gefolgt waren. Auf Einladung der Claims Conference waren mehr als 30 Familienmitglieder, die durch die Recherchen der israelischen Genealogen Chaim Motzen lokalisiert werden konnten, nach Frankfurt gekommen. Viele von ihnen wussten nichts von Karolina und ihrer NS-Verfolgung, viele kannten einander nicht einmal, einige wussten nichts von ihren jüdischen Wurzeln. Durch die Stolpersteinverlegung kamen sie jetzt zusammen und haben Karolina, ihrer Schwester Gitta sowie den Eltern Else und Richard Cohn ihren Platz im Familiengedächtnis zurückgegeben. Schülerinnen und Schüler der Anne-Frank-Schule Danetru Informationen aus dem Leben von Karolina Cohn vor.
Rüdiger Mahlo Repräsentant der Claims Conference, Greg Schneider - Executive Vice President der Claims Conference in New York und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (v.l.n.r.). Foto: Rafael Herlich
Im Anschluss präsentieren die Archäologen Yoram Haimi (Israel) und Wojciech Mazurek (Polen), die das Amulett gefunden haben, in der Aula der Lichtigfeld-Schule im Philantropin Hebelstraße 15-19, die vermutlich letzte Schule, die Karolina besucht hat - ihre archäologischen Grabungen in Sobibor. Manfred Levy vom Pädagogischen Zentrum der Stadt Frankfurt sprach zum Stellenwert der Erinnerung an den Holocaust.