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Helaba analysiert Märkte und Trends 2023 - Deutschland vor einer Rezession

Dr. Traud prophezeit eine „Gratwanderung zwischen Inflationsbekämpfung und Wachstumsabschwächung" - Verbraucherpreise steigen um 6 Prozent           von Karl-Heinz Stier

23.11.22 || FRANKFURT (22. November 2022) - Die Ergebnisse des Jahres 2022 und der Ausblick für2023 sind von dem sich überlagernden Faktoren Ukraine/Energiekrise und den Nachwirkungen der Pandemie bestimmt. Letztere sind nicht verschwunden, sondern werden auch 2023 eine wichtige Rolle spielen. Die globalen Lieferketten haben sich noch nicht normalisiert und Veränderungen im Verbraucherverhalten sind vielerorts erst partiell korrigiert. „In Deutschland werden wir 2023 eine Rezession sehen. Dabei gehen wir davon aus, dass der Krieg in der Ukraine andauert und die Energiepreise in Europa erhöht bleiben, obwohl neue Lieferquellen gefunden werden und Einsparungen Erfolge zeigen", erklärte Dr. Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba in ihrer Prognose für das kommende Jahr.

In ihrer Analyse zu 2023 benutzt sie die Metapher Bergwanderungen. Die Überschrift ihrer Prophezeiungen nennt sie „Gratwanderung zwischen Inflationsbekämpfung und Wachstumsabschwächung", deren Wahrscheinlichkeit bei 60 Prozent liege. Die deutsche Wirtschaft schrumpfe um 0.6 Prozent. Trotz der schwachen Konjunktur gehe die Inflation nur graduell zurück. Der DAX werde zum Jahresende 2023 bei rund 16.000 liegen. Die Verbraucherpreise steigen um 6 Prozent. In Europa bleibe die Energieknappheit ein wichtiger Faktor. Die Verbraucherpreise steigen in Deutschland um 6 Pr0zent, in der Eurozone um 5.3 Prozent und in den USA um 4 Prozent- weniger als 2022, aber deutlich oberhalb der Zielwerte der Notenbanken. Die großen Wirtschaftsblöcke USA und Eurozone durchlaufen eine Rezession, kommen aber im Jahresdurchschnitt 2023 noch auf leicht positive Wachstumsraten von 0,5 Prozent bzw. 0,2 Prozent.

Und um bei ihrer Bergwandern-Beispiel zu bleiben, wies die Chefvolkswirtin darauf hin, dass auf einer Gratwanderung Fehltritte folgenreicher sind als bei einem Waldspaziergang. Wichtig seien daher richtige politische Entscheidungen. „Die Notenbanken sehen sich vor der Herausforderung, die Inflation mit genau der richtigen Dosis Straffung in den Griff zu bekommen, ohne eine unnötig schwere Rezession auszulösen. Hier zeichne sich ein Zielkonflikt mit den Regierungen ab, die versuchen, die negative Wirkung der hohen Inflation auf die Realeinkommen zu kompensieren". Diese Maßnahmen könnten bei falscher Ausgestaltung Fehlanzeige nicht nur hinsichtlich des Energiesparens setzen - und damit indirekt sogar Aufwärtsdruck auf die Preise erzeugen.

Auf außenpolitischer Ebene zeichne sich die Tendenz zu einer wirtschaftlichen Blockbildung ab, mit China und den USA als jeweiligen Kern. Statt einer echten Deglobalisierung, die ein Risiko bleibt, sehe man zumindest derzeit lediglich eine Neuordnung der Globalisierung - ohne Russland.

Es gebe aber auch ein negatives Alternativ-Szenario , das man „Absturz" nennen könne. Als Auslöser dafür stehe eine geopolitische Eskalation. Deutschland und die Eurozone geraten in eine tiefen Rezession, während die USA als Nettoenergie-Exporteur und China als Nutznießer von billigen russischen Rohstoffimporten weniger stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Aktien korrigieren stark und die Renditen am Rentenmarkt sinken deutlich. Die Immobilienpreise gehen ebenfalls kräftig zurück. Der US-Dollar und der Goldpreis steigen krisenbedingt. Die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas eintreten könnte, schätzt Dr. Traud auf 30 Prozent.

Und das dritte diesmal positive Alternativszenario mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von nur 10 Prozent nennt die Chefvolkswirtin „Familientour". Notwendige Bedingung: Sie lasse die Risikoprämien an den Finanzmärkten fallen. Zumindest kurzfristig nehme der Preisdruck dank niedriger Energiepreise ab, so dass die Geldpolitik nicht deutlich restriktiver wird. Die Renditen am Rentenmarkt nehmen daher nur leicht zu, während die Aktienkurse noch dynamischer steigen. Der Immobilienmarkt stabilisiere sich. Gold und der US-Dollar sind als „sicherer Hafen" weniger gefragt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit liege hier nur bei 10 Prozent - so Dr. Traud.