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Kunst & KulturBühne › Jagdszenen auf Affen, die Hessen und den Jazz

Jagdszenen auf Affen, die Hessen und den Jazz

„Best of Renneisen" - Mit schwerer Kost beim Rheingau Musik Festival           von Ingeborg Fischer und Karl-Heinz Stier

12.07.21 || altKELKHEIM (11. Juli 2021) - So kannte das Publikum Walter Renneisen noch nicht, als er die Bühne im Innenhof des Rettershof in Kelkheim-Fischbach betrat. Er sah aus wie ein Schimpanse, die Maske hatte offensichtlich beste Arbeit geleistet. Und dann bekamen die 350 Besucher schwere Kost vorgesetzt. Renneisen rezitierte aus Franz Kafkas „Ein Bericht für eine Akademie", einer Erzählung, in der von Jagdszenen bei einer Afrika-Safari auf einen Affen, dessen Gefangenschaft auf einem Schiff in einem engen Käfig und die Auseinandersetzung mit Affen- und Menschsein berichtet wird. Aber der Ausnahme-Künstler brillierte, und er brachte seinen Zuhörern den Stoff der Erzählung nahe.

Renneisen zitiert zu Beginn als Affe Kafkas „Ein Bericht für eine Akademie"

Renneisen, der Theaterwissenschaften, Germanistik und Philosophie studiert hat, Preisträger beim Rheingau-Musik-Festival 2018 und Grimme-Preisträger ist, gelang es dann, mit einem Trompetensolo „Summertime" den Bogen zur gewohnten und beliebten Unterhaltung zu schlagen und begeisterte einmal wieder sein Publikum.

Die Deutsche Sprache, die wunderbare Sprache und das „Gendern" nahm er aufs Korn, indem er „Im Märzen der Bauer/die Bäuerin" sang, und klarmachte, wie auch z.B. durch das Wort „geil" unsere Sprache ihren Charme verlieren kann.

Er erinnerte an Erich Kästners „Einst haben die Kerle auf den Bäumen gehockt", zitierte Morgenstern, Busch, Ringelnatz und selbst Goethe, der tatsächlich auch sehr lustige anzügliche Gedichte geschrieben hat. Schillers Ballade „Der Handschuh" trug Renneisen vor, und danach durfte selbstverständlich auch Heinz Erhardt nicht fehlen. Die Menschen im Rund auf harten Stühlen vor der Bühne jubelten.

Hier singt Walter Renneisen auf der Gitarre „Im Märzen die Bäuerin"- Foto (2): Ingeborg Fischer

Mit einem Schwenk zu Anekdoten mit Schauspielkollegen und Kolleginnen und aus seiner Kindheit und Jugend unterhielt Renneisen launig. Und dass sein Herz dem Jazz seit seiner Jugend gehört, das zeigte er mit seinen musikalischen Ausflügen mit Trompete, Klavier und Gitarre.

„Ei, ich mach jetzt ins Bett" und „Gut, dass de Kall gestorwe is, er hätt sowieso net mehr lang gelebt", startete er dann zu „Deutschland, Deine Hessen". Dass die Seele ihren Atem aus dem Dialekt schöpft, hat schon Goethe gewusst „und dass „de liewe Gott hessisch babbelt" ist für ihn sicher.

Dann fielen leider mehrmals die Mikrofone aus , und sogar das meisterte Renneisen mit Geduld, Witz und Professionalität. Er nahm selbst einmal das Megaphon zu Hilfe, und dann jazzte er mit der Trompete ganz live und ohne Playback.

Chapeau! - dies gilt für beide Abende in der ehemaligen Klosteranlage des Retterhof, der nach einem Großbrand in seiner historischen Architektur wiedererstanden ist.