17.11.21 || FRANKFURT (17. November 2021) - Schalensessel, 50er-Jahre-Mief und immer wieder wechselnde Bilder auf der Video-Wand, das Bühnenbild macht neugierig. Zuerst erscheint auf der Wand die Titelseite der Quick vom November 1957: 50.000 DM für Hinweise auf den Nitribitt-Mörder. Ob die Mimen um Michael Quast jetzt nach 64 Jahren den Mord, der damals die braven spießigen Deutschen schockierte, aber auch faszinierte, wirklich gelöst haben? Marc Becker, der Autor, hat sich einiges einfallen lassen.
Es wird kolportiert, dass beim Umbau des Cantate-Saals am Großen Hirschgraben 2 Koffer der Nitribitt gefunden wurden, die Aufschluss geben könnten. Gabi Neumann, eine feministische Psychologin (Franziska Knetsch), Ronni Nass, ein eloquenter Boulevard-Journalist Natanaél Lienhard), Martin Hell, ein in der Tat heller Fallanalytiker (Detlev Nyga) und Theo Gross (Michael Quast), ein Stadtreferent, der nichts auf die Frankfurter Gesellschaft kommen lassen will, durchwühlen die angestaubten Koffer in der Hoffnung auf die Lösung des Mordfalls.
Wer war die 24-jährige Edelnutte Rosemarie, die von sich gesagt haben soll:"Wer nicht mit mir ins Bett will, ist mir noch nicht begegnet." Gefallenes Mädchen, Hure, Prostituierte, Horizontale, Bordsteinschwalbe, Freudenmädchen? Alles passt auf sie, und die „Vons", die reichen, die mächtigen Männer standen wohl Schlange in der Stiftstraße 36 am Eschenheimer Turm.
Jeder der wunderlichen Vier auf der Bühne hat seinen eigenen Blickwinkel. Für die Feministin, die immer wieder auf die Rolle der Frauen in den 50ern hinweist, ist die Nitribitt eine erfolgreiche, eine emanzipierte Gunstgewerblerin, die ohne Zuhälter ihr Geschäft betrieben hat. Dem Journalisten bietet sie Gelegenheit, frivol und schlüpfrig zu berichten, und der Fallanalytiker breitet all die Fehler aus, die erstaunlicherweise damals von den ermittelnden Beamten gemacht wurden. Bewusst, um bestimmte Kreise zu schützen oder einfach nur aus Dämlichkeit? Der Stadtreferent will ein Nitribitt-Museum und versucht, schmutzige Wäsche der frühen bundesdeutschen Herrenwelt weiß zu waschen.
Mit Jazz-Musik, Songs, Glitzereffekten agieren die Protagonisten zum Vergnügen des Cantate-Saal-Publikums gekonnt und unterhaltsam, und alle Vier überzeugen in ihren Rollen, während an der Video-Wand die Bilder wechseln: Rosemarie mit Pudel und Hut im sündhaft teuren Mercedes, hin geräkelt auf der Couch, Zigaretten rauchend, verrucht!
Dann wird der Mordfall gelöst? Referent, Journalist, Psychologin und Kriminalist, jeder löst ihn auf seine - ihre- Art, oder doch nicht? 50.000,- DM hätte die Quick dafür gezahlt, oder?
Regie führt Matthias Faltz, für Kompositionen und die Musikalische Leitung steht Michael Lohmann.
Es lohnt sich allemal, in den Großen Hirschgraben zu Quast mit seinem Volkstheater und dem gelösten Fall zu kommen. Am Freitag, 19. November 2021 und dann wieder am 14. Januar 2022 um 19.3o Uhr wird wieder gesungen, gespielt, geglitzert und von der ermordeten Edelnutte erzählt
Volksbühne im großen Hirschgraben Telefon 069/241 42435 Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! Sie müssen JavaScript aktivieren, damit Sie sie sehen können.