19.09.13 || FRANKFURT (19. September 2013) - „Ich bin zutiefst bestürzt über den Tod von Marcel Reich-Ranicki. Meine Gedanken sind bei den Angehörigen, insbesondere seinem Sohn Andrew", sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann. „Sein Tod erfüllt mich mit großer Trauer. Marcel Reich-Ranicki hat nicht nur den bundesdeutschen Literaturbetrieb, sondern auch das ganze Land über Jahrzehnte geprägt. Als Holocaust-Überlebender hat er den Diskurs über die Verbrechen des Nationalsozialismus entscheidend beeinflusst. Für mich und viele andere war der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki ein großer Frankfurter", sagte Feldmann.
Der in Polen geborene Jude, der den Holocaust im Untergrund überlebte und Ende der 1950er Jahre in die Bundesrepublik übersiedelte, bleibt insbesondere in Erinnerung als legendärer Literaturchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Begründer des „Literarischen Quartetts". Er erhielt zahlreiche Preise, darunter in seiner Heimatstadt Frankfurt den Goethe-Preis (2002). (pia)
Mit großer Betroffenheit hat Kulturdezernent Felix Semmelroth auf den Tod des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki reagiert, der heute im Alter von 93 Jahren verstarb: „Mit Marcel Reich-Ranicki
verlieren wir einen großen Literaturkritiker des 20. Jahrhunderts, dessen Liebe zur deutschen Literatur sich nie geändert hat, ungeachtet der Leiden seiner Familie in der Zeit des
Nationalsozialismus. Geradlinig und voller Temperament hat er seine Begeisterung für die deutsche Literatur vor allem an die Generation der jüngeren Schriftsteller weitergegeben und diese in ihrem
Schaffen beflügelt. Sein engagiertes Wirken war für viele Menschen entscheidend für den Zugang zur Literatur, sein unbestechliches Urteil inspirierte Leser und Autoren gleichermaßen. Das reiche
Oeuvre Reich-Ranickis war stets gekennzeichnet von Mut, Esprit und Witz.
1973 übernahm Reich-Ranicki die Leitung der Literaturredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ebnete vielen Autoren den Weg zu ihrer Entdeckung. Er gründete die Frankfurter Anthologie, in der das literarische Werk von über 1500 Gedichten deutschsprachiger Autoren mit Interpretationen versammelt ist.
"Frankfurt verliert mit Marcel Reich-Ranicki einen großen europäischen Intellektuellen und eine überragende Persönlichkeit. Seine Freunde und Bewunderer werden das Streitgespräch und seinen kenntnisreichen Widerspruch sehr vermissen", sagte Felix Semmelroth.
In einer gemeinsamen Erklärung würdigen der Vorsitzende der Frankfurter CDU, Stadtkämmerer Uwe Becker, und der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Römer, Michael zu Löwenstein, den heute im Alter von 93
Jahren verstorbenen Publizisten, Literaturkritiker und Frankfurter Bürger Prof. Dr. Marcel Reich-Ranicki:
„Mit Marcel Reich-Ranicki verlieren wir nicht nur einen der bedeutendsten Literaturkritiker des 20. Jahrhunderts, sondern auch einen großen Bürger unserer Stadt Frankfurt am Main. Er war eine überragende Persönlichkeit und ein herausragender Kenner nicht nur der deutschsprachigen, sondern auch der Weltliteratur. Seine Kritiken für die ‚Frankfurter Allgemeine Zeitung‘ und ‚Die Zeit‘ übten in Fachkreisen großen Einfluss aus. Auch über die Literaturszene hinaus erfreute sich Reich-Ranicki nicht zuletzt durch die allseits bekannte ZDF-Fernsehsendung ‚Das literarische Quartett‘ einer ungemein großen Popularität.
Seine Autobiographie ‚Mein Leben‘ wurde zu einem Bestseller und lenkte die Aufmerksamkeit auf das persönliche Schicksal seiner Verfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus. Bedenkt man, dass die Eltern in den Gaskammern von Treblinka auf schreckliche Weise ums Leben gekommen sind und sein Bruder in einem Arbeitslager bei Lublin erschossen wurde, so ist es beeindruckend, dass Prof. Dr. Reich-Ranicki als Holocaust-Überlebender seine Liebe zur deutschen Sprache und Literatur niemals verloren hat. Es zeichnet unsere Stadt aus, dass Prof. Dr. Marcel Reich-Ranicki seit 1973 Frankfurt am Main zu seinem Wohnort bestimmte. Hier im Stadtteil Dornbusch war er bis zuletzt zuhause. Die Stadt ihrerseits hat den ‚Literaturpapst‘, wie man den heute Verstorbenen ebenso freundlich wie respektvoll nannte, mit dem Goethe-Preis (2002) und der Goethe-Plakette (1984) geehrt. Eng mit seinem Namen verbunden und in besonderer Hinsicht ein Symbol für die gewachsenen und freundschaftlichen Beziehungen Deutschlands mit dem Staat Israel ist der 2007 auf Initiative der ‚Freunde der Universität Tel Aviv‘ in unserer Partnerstadt gegründete Marcel-Reich-Ranicki-Lehrstuhl für Deutsche Literatur.
Mit seinem Wissen und seinem Humor, aber auch mit seinem pointierten Widerspruch, hat Prof. Dr. Reich-Ranicki seinen Lesern und Zuschauern viel Lesefreude vermittelt. Bildung im besten bürgerlichen Sinn war sein Anliegen. Wir gedenken Prof. Dr. Marcel Reich-Ranickis mit großer Dankbarkeit für sein gewaltiges Schaffen, das in seinen Schriften fortleben wird." (jr/cdu)