Banner
 

RheinMainTaunus

OnlineMagazin

Kunst & KulturLiteratur › Ein rein(lich)es Vergnügen: Als die Römer im Rheinmaingebiet herrschten

Ein rein(lich)es Vergnügen: Als die Römer im Rheinmaingebiet herrschten

Ernst Künzl ist mit seinem Buch "Die Thermen der Römer" auf den Spuren der Thermal- und Mineralquellen der Region           von Karin Willen

26.03.14 || FRANKFURT (25. März 2014) - Wo die Römer hinkamen, spürten sie erst einmal die Thermal- und Mineralquellen in der Gegend auf. Denn der tägliche Gang ins Bad war für sie mehr als eine Frage der Sauberkeit. Schwitzen im Heißbad, Entspannung im Warmbad und Erfrischung im Kaltbad waren Wellness, Muße und Freizeitvergnügen. Trinkkuren dienten der Genesung. Wie wichtig den Römern die Badekultur war, zeigt die erstaunliche Zahl von 600 archäologisch greifbaren, öffentlichen Thermen aus der Römerzeit. Und doch: Im Rheinmaingebiet ließen die historischen Wasserstrategen einige Quellen links liegen. Warum? Das weiß Ernst Künzl, der bis 2004 Direktor der Römerabteilung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz war. Die Antwort und interessante andere historische Details vermitteln sein Buch "Die Thermen der Römer", das im Theiss Verlag erschienen ist.

Reges Badeleben um den Limes


Kurz gesagt: Die Quellen von Wiesbaden, Nierstein und Bad Vilbel reichten den Römern damals, um das Militär und die Menschen in ihrem Reich mit Badehäusern zu versorgen. Das im 14. Jahrhundert noch Langenschwalbach genannte Bad Schwalbach machte als Kurort deshalb erst im 16. Jahrhundert Karriere. Dabei hätte der hohe Anteil an Eisen und Kohlensäure die Römer aus medizinischen Gründen wohl reizen können. Der Platz gehörte zur Militärlimeszone. Aber das Militär war durch die Thermalquellen in Wiesbaden schon gut bedient.

Auch Schlangenbad, deren Vorkommen der seltenen Äskulapnatter wahrscheinlich den Römern zu verdanken ist, ließen die legendären Wasserbauingenieure links liegen. So wurde der Ort erst im 17. Jahrhundert als Thermalquellenkurort aktenkundig.

In Bad Homburg hat man zwar römische Gebäudereste im Quellgebiet gefunden, aber auch diesem Mineralwasser schenkten die Römer kaum Beachtung. Nicht anders Bad Nauheim, das die älteste bekannt keltische Saline beherbergt und das zur Römerzeit zu deren Kornkammer in der Wetterau zählte.

Wiesbaden war in Rom gut bekannt


Dagegen strahlte der Ruhm von Wiesbadens warmen Quellen bis nach Rom. Aquae Mattiacae nach dem dortigen Germanenstamm der Mattiaker nannte man Wiesbaden. Unter Römerinnen war der Haaraufheller Pilae Mattiacae heiß begehrt, die Damen fanden blondes Haar damals ganz schick.

Die römischen Thermen folgten von der Mitte des 1. Jahrhunderts bis zur Spätantike der Thermalspalte am Rand des Rheinischen Schiefergebirges bis zum Oberrheingraben. So speiste das heiße Wasser des Kochbrunnens die Thermen, deren Überreste heute unter dem Kranzplatz liegen; nahe der Adlerquelle haben die Archäologen einen runden Kurbau ausfindig gemacht; und auch an der Schützenhofquelle befand sich eine römische Therme.

Schwefelwasser aus Nierstein


Nur wenige Meilen südlich des Militärstützpunktes in Mainz befand sich Buconica, heute Nierstein. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts entdeckte man in dem Weinort die römische Einfassung einer Quelle. Zumindest zu Trinkkuren nützten die Römer die Schwefelquelle. Es könnte aber auch sein, dass sie damals auch eine Thermenanlage bauten.

Warmluftheizung in Bad Vilbel


Dass Heilwasser des Hassiasprudels in Bad Vilbel war den Römern schon bekannt. Aber nur wenige wissen heute, dass es bis zum 18. Jahrhundert auch Thermalwasser in Bad Vilbel gab. Die warme Quelle im Vilbeler Wald versiegte erst 1783 durch einen Erdrutsch. Im 19. Jahrhundert fand man beim Eisenbahnbau ein großes Römerbad, von dem ein Mosaik erhalten wurde. Einige Räume verfügten auch über die legendäre römische Warmluftheizung.

Luxusoasen und heilige Orte


Die technische und kulturelle Leistung in dem großen Reich zwischen Arabia und Brittania, zeigt Künzl anschaulich, war enorm. Doch diese Anlagen waren nur realisierbar, weil das römische Reich auf dem Prinzip der Sklaverei basierte. Ob sich römische Bürger und Sklaven etwa in denselben Thermen trafen, bleibt unklar. Gemeinsame Bäder für beide Geschlechter gab es allerdings wahrscheinlich ebenso wie klassenübergreifende Badefreuden. Es gab Platz für Luxusoasen wie die Trierer Bauten oder die Kaiserthermen in Rom mit Bibliothek, Park und Sportplätzen, genauso wie für Heilbäder mit Behandlungsräumen oder Touristenmagnete mit florierendem Souvenirgeschäft und heilige Ort, in denen wertvolle Weihegaben gefunden wurden. Auf die Annehmlichkeit einer Therme, brauchten die Römer jedenfalls nicht zu verzichten. Und ihre legendären Aquädukte brachten gutes Frischwasser in Städte ohne genügend Wasser aus Zisternen.

"Die Thermen der Römer", Autor Ernst Künzl, 2013. 1. Auflage, 160 Seiten mit rund 100 meist farbigen Abbildugen und 4 Karten. 21 x 27 cm. Gebunden mit Schutzumschlag. ISBN 978-3-8062-2181-7. EURO 34,95