23.08.22 || FRANKFURT
(23. August 2022) - Sie gilt als Chronistin eines halben Jahrhunderts und Feministin der ersten Stunde. Sie heißt Marie Marcks. Ihr besonderer Blick auf die Umwelt und die Ungleichheit, auf Männer
und Frauen, auf Familie, Erziehung und Bildung erzählt, wie es war und wie es sein könnte, ja vielleicht müsste. Das Carikatura Museum in Frankfurt würdigt nun ihr Leben und Wirken zu ihrem
100.Geburtstag, den sie nicht mehr erlebt hat. Sie starb am 4.Dezember 2021 in Heidelberg. Sie hätte ihn am 25. August begehen können. So nimmt das „Komische Museum" am Weckmarkt - wie es auch
genannt wird - dennoch ihr Jubiläum zum Anlass, mit einer zweibändigen Werksausgabe „Die große Marie Marks" an die "Großmeisterin, die -auf dem Papier - Detektivin, Anwältin, Richtern und
Strafvollzugsbeamtin in einer Person ist und eine Ikone für nicht nur eine Generation von Frauen". wie es F.W. Bernstein lobenswert über sie schreibt.
Das Museum hat dazu Antje Kunstmann vom gleichnamigen Verlag in München, die die Autorin seit Jahrzehnten, ihre Freunde und Weggefährten kennt, zu einer nachträglichen Laudation eingeladen. Zusammen mit der Ella C. Werber, die zu den ersten Titanic-Herausgeberinnen gehört, blickt sie auf die wegweisenden Karikaturen und Bildergeschichten, aber auch auf das Leben der Künstlerin zurück.
Marie Marcks wurde 1922 geboren inmitten der aufstrebenden Weimarer Republik. Ihre Mutter, die selbst Kunst studierte, brachte ihr das Zeichnen bei, Ihre Vater war ein begabter Zeichner und veröffentlichte Hitlerkarikaturen. Auf die Frage, warum er seine Frau geheiratet hatte, antwortete er in einer bebilderten Skizze seiner Tochter: "Sie war wie ein Rennpferd unter lauter Salatschnecken". Zu der damaligen Zeit beschriftet sie meist ihre Skizzen und Zeichnungen.
Die Schule hatte sie in dem reformpädagogischen Internat Birkenhof besucht, das in seinem Bildungsziel etwa der freien Odenwaldschule glich, und machte dort auch Abitur. Sie brach das Studium der Architektur ab und übersiedelte nach Heidelberg, wo sie mit Feder geschriebenen Plakaten bei Jazz- und Filmclubs ihr Geld verdiente. Zwischenzeitlich hat sie zweimal geheiratet und ist mit dem zweiten Ehemann in die USA übergesiedelt, der sich mit der friedlichen Nutzung der Atomkraft beschäftigte. Dort lernte sie auch ihren dritten Mann kennen und brachte von ihm drei Kinder zur Welt. Die ersten beiden Kinder zogen ihre Eltern auf.
Ihr erstes Interesse an der Politik erkannte sie dann später an der Gefährlichkeit der Atomenergie, wo sie mit Kritikern wie u.a. Robert Jungk zusammentraf.
1964 griff sie neue Entwicklungen auf. Sie begann sehr stark in ihren Zeichnungen zu erzählen, der Text war zweitrangig geworden. Ihr Erster Band erreichte eine hohe Auflage von 30 000 Exemplaren. Karikaturen in Büchern waren damals unüblich, sie erschienen meist in Zeitungen und Zeitschriften. Was sie in dieser Zeit bis zu ihrem Lebensende erlebte, spiegelt sich ausführlich in dem zweiten Teil ihrer zweibändigen Werksausgabe wider.
Die Gesamtausgabe ist beim Verlag Antje Kunstmann und im Caricatura-Museum ab 24. August erhältlich. Die beiden Bände mit vielen Illustrationen umfassen 448 Seiten. Preis 58 Euro. ISBN: 978-3-95614-520-9
Foto:
1.Buch: „Die große Marie Marcks" Copyright: Verlag Kunstmann
2. Den Lebenslauf von Marie Marcks erläuterten(v.l.n.r.): Satirikerin und Autorin Ella C. Werner und Verlegerin Antja Kunstmann. Foto: Karl-Heinz Stier