23.07.15 || BERLIN (22. Juli
2015) - Das muss Berlin erst einmal jemand nachmachen: Die deutsche Hauptstadt gilt weltweit als „Veganer-Hauptstadt" und arbeitet eigentlich seit den 1920er Jahren daran, auch als „schräge Stadt"
wahrgenommen zu werden. Ein großes Designhotel an der Landsberger Allee / Ecke Storkower Straße in Berlin-Lichtenberg arbeitet fleißig daran mit. Das „andel's Hotel Berlin" bringt Gästen
Graffitisprayen in einer heruntergekommenen Schweineschlachthalle bei. Mit Softdrinks und edlen Kanapees, Mundschutz, Ganzkörperschutzanzügen, Überschuhen, und viel Zeit, vorgefertigte mannshohe
Schriftzüge nach eigenem Gusto auszusprühen.
Streetart in Berlin: Littel Lucy taucht ihre Katze unter
Der Ort der Handlung atmet authentische Berliner Luft: Die Schweineschlachthalle steht im einstigen „Central-Vieh- und Schlachthof" an der Landsberger Allee. Mitten in einem riesigen Gelände, in dem
seit 1876 Rinder, Hammel und Schweine geschlachtet, die Hälften versteigert und Därme, Felle und Häute verarbeitet wurden. Zuletzt hat der VEB Fleischkombinat in dem alten Arbeiterviertel gearbeitet,
das in der DDR-Zeit durch die Berliner Mauer von Kreuzberg getrennt war. In den verlassenen Hallen hinter den wettergegerbten und graffitibeschmierten Klinkerfassaden ist von dem blutigen und
stinkenden Geschäft nichts mehr zu ahnen. Fast alles ist abmontiert, ein paar alte Matratzen und Decken zeigen, dass hier wohl mal Leute genächtigt haben, und an den Wänden haben zahlreiche Sprayer
ihre Weltsicht dokumentiert.
„Manchen geht es eher um Präsenz als um Ästhetik", urteilt die Streetart-Stadtführerin Caro Eickhoff, während sie über alte Kabel und herumliegende Holzscheite stapft und die Wände inspiziert.
„Darunter sind ein paar Bekannte. Hier, die umgedrehte Eins ist beispielweise wahrscheinlich von der Gruppe 1up." Was in Berlin mit Schriftzügen, Schablonen, Aufklebern, dreidimensionale
Spraybildern, Scherenschnitten oder Installationen wie winzigen Korkmännchen meist über Nacht öffentlich „gepostet" wird, ist für die Polizei Sachbeschädigung, für andere Menschen Schmiererei. Caro
sieht das anders. Sie holt sich Inspirationen und Denkanstöße, wenn sie die Häuserschluchten wie eine Chronistin nach Neuem abscannt und sie dann in ihrem Street-Art-Blog veröffentlicht oder in ihre
Führung aufnimmt.
Jetzt nimmt sie die Gelegenheit des Workshops wahr, hinter dem eigens dafür geöffneten Zauntor des Schlachthofes über die Graffiti-Szene zu recherchieren. Denn sie hat noch längst nicht alles gesehen in der Hauptstadt dieser anarchischen Art von Wandmalerei. Nicht nur, weil vieles auch schnell wieder beseitigt wird, sondern auch, weil die Szene so lebendig ist und in immer noch genügend brachliegenden Geländen und auf Brandmauern viel Platz für politische Kommentare, Zeichensetzungen und künstlerische Bildgeschichten findet.
„Einige Straßenkünstler sind heute von der Kunstszene anerkannt, der Londoner Banksy zu Beispiel, er war aber offensichtlich nicht in den Schlachthöfen". Caros Herz schlägt allerdings eher für
„Little Lucy" des Berliner Street-Art-Künstlers El Bocho, der ein süßes Mädchen, das es faustdick hinter den Ohren hat, mit großen unschuldigen Augen von den Wänden schauen lässt, während es zum
Beispiel gerade ein Katze ersäuft.
Streetart in Berlin Das Finish im
Workshop übernimmt der Profi. Fotos (3): Karin Willen
In der riesigen Schweinehalle ist nur eine Wand weiß gestrichen. „0815 Industries", eine Cross-Culture-Kreativagentur, hat sie eigens für den Workshop geweißelt und darauf das Wort „Berlin" in blauer Farbe umrissen, damit wir die Flächen nun ausfüllen. Eine kurze Einführung durch einen „Professionellen", und schon schütteln wir die Spraydosen und legen los. Wolfgang formt lauter Herzchen in seinen Buchstaben, Luzia sprüht Palmen um ihren, Rudolf bläht das „B" zum Gesicht mit Kussmündchen auf, und Elisabeth mäandert gekonnt türkise Linien ins pink ausgemalte „E". So viel Hingabe an die Buchstaben kostet Zeit, zumal die Düsen der Farbdosen immer öfter verstopfen. Nach anderthalb Stunden sind wir immer noch nicht fertig. Der beißende Acetongeruch vor der Wand stört ein wenig. Gut, dass die Kanapees meterweit entfernt stehen.
Zumindest verstopfte Düsen kennen die Sprayer auch, wenn sie sich nachts von Dächern abseilen, um sich an Häusern oder Zügen auszuprobieren. Dafür haben sie immer Ersatz in den Hosentaschen. Aber
sonst ist alles anders. Blitzschnell muss es bei ihnen gehen, damit sie nicht entdeckt werden, immer auf der Hut vor der Polizei, manchmal erreichen sie ihre Malgründe nur in halsbrecherischer
Akrobatik. Und oft fehlt das Licht, so dass sie wenig korrigierend eingreifen können.
Streetart in Berlin Caro Eickhoff zeigt ein Zigarrrenputzermännchen
Das ist bei uns allerdings nötig. Die Buchstaben verschwimmen in einer einzigen Farbsauce. Profisprayer Daniel von „0815 Industries" gibt ihnen in zwei Minuten mit einer schwarze Umrahmung und Schatten Halt. Außerdem hat er noch schnell den Fernsehturm und den Schriftzug des Hotels dazu gesprüht, man soll ja erkennen, um was es geht. Wir sind zufrieden mit der Gruppenarbeit. Darauf ein paar Kanapees.
Das 4-Sterne Superior Designhotel „andel's Hotel Berlin" gehört zur Gruppe Vienna International Hotels und Resorts und zählt mit 557 Zimmern und Suiten auf zehn Etagen sowie von 3.800 Quadratmetern
Konferenz- und Eventfläche zu den großen Kongresshotels im Herzen von Berlin. Ein 570 Quadratmeter großer Ballsaal, die voll verglaste „sky.bar" im 14. Stock des 60 Meter hohen Turms - mit einer 360°
Panorama-Aussicht über die Dächer Berlins - sowie das gehobene Fine Dining Restaurant „a.choice" (ein Michelin-Stern) mit begehbarer Weinkammer runden das Ensemble ab. Darüber hinaus stehen den
Hotelgästen ein 550 Quadratmeter großer Wellness-Bereich sowie 550 Stellplätze und zwei Stromtankstellen in der hoteleigenen Tiefgarage zur Verfügung.
www.vi-hotels.com/de/andels-berlin
Streetartführungen mit Caro Eickhoff: www.streetart-fuehrungen.de