05.09.20 || FRANKFURT (05. September 2020) - Wer öfters mit dem Auto und dies nicht nur in
Frankfurt unterwegs ist, dem ist gewiss bei den Fahrzeugkennzeichen das Extra-Zusatzschild „CC" aufgefallen. Die Insassen der meist repräsentativen Autos gehören dem „Consularischen Corps" an. Im
Unterschied zu den Diplomaten einer Botschaft, die auch die politischen Interessen des jeweiligen Staates vertritt, nehmen Konsulate vor allem die Interessen ihrer Bürgerinnen und Bürger des
Entsendestaates wahr. Hierzu zählen u.a. die Pflege der eigenen Traditionen, Kultur und Sprache und vor allem Brücken bauen zwischen den Ländern und ihrer Menschen.
Dazu gehören Pass,- Visum und Aufenthaltsfragen, Rechtshilfe bei Verwahrungs-, aber auch Nachlass-Angelegenheiten, Hilfe in Notsituationen und vor allem die Interessenvertretungen und Beziehungspflege der Bürger des jeweiligen Landes, aus dem sie kommen. Dazu gehören Bescheinigungen für Einbürgerungen, Geburtenbestätigungen und Beglaubigungen. Einen großen Anspruch nehmen zudem die Förderung der Handels-und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern und die Veranstaltungen von Mitbürgern im Gastland.
Mit Corona-Abstand fand das exklusiv Interview
für das „RheinMainTaunus-Onlinemagazin" und „Frankfurt Live" statt. Unser Bild zeigt von links für „Frankfurt Live" Karl-Heinz Stier und die Generalkonsulin von Griechenland Maria Zissi, die
ukrainische Generalkonsulin Alla Polyova, die französische Generalkonsulin Pascale Trimbach und für „RheinMainTaunus-Onlinemagazin" Herausgeber und Chefredakteur Ralph Delhees. Foto: Ralph
Delhees/cc
Hessen hat mit 107 ausländischen Vertretungen das zweitgrößte Consularische Corps (CC) in der Bundesrepublik. 20 Prozent der Konsulate werden von Generalkonsulinnen geleitet. Meist vertreten die Diplomaten und Diplomatinnen mehreren Bundesländern. Neben Hessen sind dies Rheinland-Pfalz und das SaarlandT
Das „RheinMainTaunus-Onlinemagazin" (rmt-magazin.de) und „Frankfurt Live" nahmen die Gelegenheit wahr, exklusiv für ihre Leserschaft die drei ausscheidenden Konsulinnen zu ihrer Tätigkeit hierzulande zu befragen.
Zwei verlassen die Mainmetropole Ende August, darunter auch die Sprecherin (Doyenne) des Hessischen und Frankfurter Corps, die Generalkonsulin Alla Polyova aus der Ukraine, seit 2014 im Amt. Sie vertritt mit beiden benachbarten Bundesländern 17 000 ihrer Landsleute. Als sie nach Frankfurt kam, war für sie Frankfurt nicht so groß wie sie die Stadt von den Fotos her kannte. Sie erlebte die fünfgrößte Großstadt in der Bundesrepublik rückblickend als „klein und gemütlich".
Doyenne Alla Polyova trug sich, wie auch Generalkonsulin
Maria Zissi und Generalkonsulin Pascale Trimbach, in das goldene Gästebuch des Landtages ein
Frankfurt hatte für Alla Polyova mit seinen Märkten, besonders der an der Konstablerwache, einen besonderen Reiz. Hierhin führte sie gerne ihre offiziellen Gäste. „Die Gemütlichkeit zwischen Einkauf und dem Plaudern bei Weck, Worscht und Wein werden mir in guter Erinnerung bleiben". Auch der Freizeitwert gefiel, so war sie oft mit dem Fahrrad am Main bis Offenbach und Hanau unterwegs.
„Es gibt in diesem Land mehr Politiker als bei uns. Das machte meine Arbeit hier auch interessant", verriet die Generalkonsulin, deren diplomatische Wahrnehmungen und Verhaltensweisen die Volkswirtin, die einen Master in internationaler Politik hat, in der Konsularabteilung des ukrainischen Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten erlernte und sie u.a. an die Botschaft in der Tschechischen Republik führte. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn.
Bevor sie Frankfurt verlässt, wurde sie offiziell als Doyenne verabschiedet, so von Ministerpräsident Bouffier mit dem Worten: „Alla war für uns eine verlässliche Ansprechpartnerin und Frau des Ausgleichs" und Frankfurter OB Feldmann betonte: „Sie hat die Gabe, Menschen aus aller Welt zusammenzubringen und hat viel zum Zusammenhalt und zur Internationalität der Stadt am Main beigetragen". Auch wurde die scheidende Generalkonsulin in Rheinland-Pfalz verabschiedet. Bei allen Abschiedsworten wurde besonders auf ihre immer inspirierenden Reden, bei den verschiedensten Gelegenheiten, erinnert.
Der Hessische Landtagsprä-sident Boris Rhein
verabschiedete im Landtag die Generalkonsu-linnen. Die Doyenne des Hessischen Consular Corps, Alla Polyova (2 von links), Maria Zissi (Mitte) und Pascale Trimbach (rechts)
Alle drei Genera-lkonsulinnen - Alla Polyova, Pascale Trimbach und Maria Zissi - wurden zusammen von Frankfurts Oberbürgermeister im Römer und vom Hessischen Landtagspräsidenten Boris Rhein im Wiesbadener Schloss empfangen. Rhein, der auch im Namen der Abgeordneten des Landtages sprach, hob besonders die gute Zusammenarbeit zur Verständigung und zum Austausch zwischen unseren Nationen hervor.
Generalkonsulin Pascale Trimbach aus Frankreich - unser Nachbarstaat hat davon 7 in der BRD - verlässt Frankfurt nach drei Jahren. Eine solche Aufenthaltsdauer ist bei Konsuln üblich. Ihre berufliche Tätigkeit begann Pascale Trimbach 2003 im Verteidigungsministerium. Es folgten Stationen als Botschaftssekretärin in Ljubljana sowie als Ständige Stellvertreterin der französischen Delegation bei der UNESCO in Paris. Sie verfügt über das integrierte Deutsch-Französische Diplom im Geschäftsrecht, gilt als Expertin für osteuropäische Länder und ist Außerordentliche Beraterin Frankreichs für Auswärtige Angelegenheiten im Orient. Sie hat ein Diplom der diplomatischen Akademie Wien und einen Master in Öffentlichem Recht
Generalkonsulin Pascale Trimbach trägt sich in das
Goldene Buch des Landtages ein. Fotos (4): © Hessischer Landtag, Kanzlei 2020 - www.Hessischer-Landtag.de
In den Bundesländern der Mitte vertritt sie 47 000 ihrer Landleute, davon 16 000 in Hessen und davon rd. 5 000 in Frankfurt. Ihre Deutschkenntnisse erweiterte sie durch viele freundschaftliche Bande. Dabei kamen ihr zugute, dass zwischen Deutschland und Frankreich fast 2 000 kommunale Partnerschaften (Jumelagen), davon rund 500 in Hessen, bestehen. Sie legt auch Wert darauf zu erwähnen, dass es die besondere Aufgabe eines Konsuls oder Konsularin ist, beim Staatsbesuch in ihrem Delegationsland den französischen Ministerpräsidenten vom Flughafern abholen zu dürfen. „Es war mir eine Ehre, dies sogar zweimal, 2017 und 2019 Staatspräsident Emmanuel Macron, während meiner Amtszeit in Frankfurt mit zu erleben".
Eine nachhaltige Aufgabe war für sie, französische Jugendlicher, die im Ausland von der Corona-Epidemie befallen und dann nach Frankfurt geflogen wurden, in dieser Zeit zu betreuen und in die zuständigen französischen Regionen weiter zu leiten. Auch bei der Überweisung von 23 schwer erkrankten Corona-Betroffenen aus Frankreich in deutsche Krankenhäuser hat sie entscheidend mitgewirkt. Sie basierten auf einer Vereinbarung zwischen Präsident Macron und Bundeskanzlerin Merkel. „Es alles gut verlaufen. Wir haben aufgeatmet", sagte die Generalkonsulin, die auch für die Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz zuständig war, erleichtert.
Die rheinland-pfälzische
Ministerpräs-identin Malu Dreyer verabschiedet die Generalkonsulin für Frankreich Pascale Trimbach in der Mainzer Staatskanzlei. Foto: © Staatskanzlei RLP
Bei der Verabschiedung in der Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz in Mainz betonte Ministerpräsidentin Malu Dreyer: „Pascale Trimbach war für uns immer eine kompetente und zuverlässige Ansprechpartnerin und dies war insbesondere während der Corona-Pandemie sehr wertvoll". Nicht vergessen werden darf die Frankfurter Buchmesse bei der Frankreich 2017 Gastland war und sie ihr Land präsentierte.
Abschließend sagte sie: „Es hat mir leidenschaftlich Spaß gemacht in Frankfurt gewesen zu sein mit seinem großen sozialen Umfeld, dem vielfältigen Wechsel, auf der einen Seite und das konsularische Protokoll und andererseits das Zusammensein mit den Landsleuten und den Deutschen, wie zum Beispiel bei der Elsässischen Woche alljährlich auf dem Paulsplatz, der leider dieses Jahr wegen der Pandemie ausfällt.
Generalkonsulin Maria Zissi aus Griechenland ist seit 2016 in Frankfurt und war zuvor in den griechischen Botschaften in Kroatien und Indonesien tätigg. Sie betreut in den drei Bundesländern 50 000 Griechen, davon 35 000 in Hessen. Und spricht Englisch, Französisch, Deutsch, Russisch und Italienisch. Was ihr in Frankfurt sofort gefiel, war die leicht lockere Atmosphäre in ihrem neuen Aufgabengebiet, aber auch das Zusammenspiel von modernen Gebäuden mit den Altbauten. Sie liebt das viele Grün in der Stadt, am Main entlang spazieren zu können und dabei die Hochhäuser zu betrachten und zu fotografieren. „Ich liebe aber auch den Palmengarten im Zentrum der Stadt. Das alles hat mir ein positives Gefühl von Frankfurt und gute Erinnerungen vermittelt", sagte Maria Zissi. Bei ihren positiven Betrachtungen zur Mainmetropole vergaß sie nicht die lukullischen Besonderheiten zu erwähnen: Grüne Soße, Bratkartoffeln, Rheingauer und Frankfurter Wein vom Lohrberg.
Generalkonsulin Maria Zissi beim Eintrag ins Goldene Buch. Außerdem
gab es zum Abschied und zur Erinnerung an ihre Zeit in Hessen ein Buch über das historische Stadtschloss des Hessischen Landtages
Die Vermittlung von griechischer Literatur lag Generalkonsulin Maria Zissa sehr am Herzen und das Gespräch mit Schriftstellern und so kam es, dass im Rahmen der Buchmesse sich Griechenland alljährlich mit einer Vielzahl von Verlagen und Schriftstellern in Frankfurt präsentierte.
Alle drei werden nun Frankfurt Adieu sagen, so wie es die unbeschriebenen konsularischen Regeln nach einer bestimmten Aufenthaltszeit einmal fordern. Was alle drei übereinstimmend betonen, ist, dass sie als eine Art „moderne Nomaden und Wanderer" fungieren. „Wir sind immer die, die weggehen und nicht wissen was die Zukunft bringt und wir müssen Opfer bringen, was die Familie betrifft", so lebt u.a. Alla Polyova‘s Ehemann mit Sohn als ukrainischer Botschafter in Athen. Das „Diplomatische" laufe nebenbei so mit, aber der Kontakt zu den Menschen, zu den Einwohnern in den Konsulatsländern und zu den ihrer eigenen Landsleute liege ihnen sehr am Herzen.
Generalkonsulin Pascale Trimbach wird nicht ein weiteres Konsulat übernehmen. Ihre neue Berufung: Präfektin des Département Meuse mit Sitz in der Stadt Bar-le-Duc in Nähe von Verdun sein, der Stadt, die das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich stark belastete und viele Menschenleben kostete. „Das bestärkt mich auch in der Zukunft, meine ganze Kraft für eine weitere intensive deutsch-französische Zusammenarbeit einzusetzen".
Generalkonsulin Maria Zissi mit Oberbürgermeister Peter Feldmann bei
ihrem Abschiedsbesuch im Römer der Stadt Frankfurt. Foto: Stadt Frankfurt
Maria Zissi verlässt im September als griechische Generalkonsulin Frankfurt und wird nach Ägypten als hellenische Generalkonsulin gehen und in Kairo residieren. „Ich werde eine neue Herausforderung erleben, vor allem, weil ich dann in einen ganz anderen Kulturkreis komme". Auf die Frage was sich die scheidende hellenische Generalkonsulin für die Bürger Deutschlands und Europas in Zukunft wünsche antwortete sie sehr spontan: „Das der seit 75 Jahren bestehende Friede und die Solidarität untereinander weiterhin bestehen bleibe".
Und die Ukrainerin Alla Pokyova , die ehemalige Doyenne des Consularischen Corps in Frankfurt, wünscht sich zu ihrem Abschied von der Stadt am Main, dass „ den Deutschen ihre vorbildliche demokratische Staatsverfassung aufrecht erhalten bleibe. „Die rechten Parteien wären für Deutschland eine Katastrophe". Sie betonte, dass sie hier viele wunderbare Menschen kennengelernt hat. Ihr neuer Lebensmittelpunkt wird das Außenministerium in der Hauptstadt Kiew sein.
Alle drei Generalkonsulinnen, jede für sich, sind starke Persönlichkeiten, die bleibende Eindrücke in der Gesellschaft und in ihrem täglichen Arbeitsbereich hinterlassen haben. Ihre Qualifikationen zeichnen sie aus und es wäre nicht verwunderlich, wenn wir eines Tages wieder von ihnen hören würden, dass sie als Botschafterinnen ihr Land vertreten.