26.02.21 || WIESBADEN (26. Februar 2021) - Wer das Wiesbadener Stadtschloss nicht kennt, läuft vielleicht in Gedanken daran vorbei: Der Bau im Herzen der Innenstadt ist von außen nicht unfassbar spektakulär. Umso schöner und auffälliger hingegen ist das Gebäude von innen. Die Heimat des Hessischen Landtages besteht aus zwei Flügeln. Wer das Gebäude durch das Hauptportal auf der Ecke Marktstraße/Schlossplatz betritt, gelangt durch ein imposantes Treppenhaus in den Kuppelsaal. Und das Herz dieses runden Raums ist der Kronleuchter.
Der Lüster besteht aus rund 25.000 böhmischen Kristallteilen - hängenden Eiszapfenprismen und Ketten aus geschliffenen Perlenprismen - und ist zweistufig angelegt. An zwei Kränzen mit gegossenen Arabesken, Rosetten und Früchten samt feuervergoldeter Kupferlegierung sind die 78 Leuchterarme befestigt. Über den beiden Leuchterkränzen erhebt sich über vier Etagen hinweg eine Bekrönung. Der untere, ballonartige Teil endet in acht Palmblättern und einem Pinienzapfen.
Geschaffen wurde der Leuchter im Jahr 1829 in Paris. Ins Wiesbadener Stadtschloss kam er allerdings erst 1930 aus dem Biebricher Schloss. Das Vorgängermodell hatte Kaiser Wilhelm II. schon 1907
dem neu erbauten Kurhaus geschenkt.
Früher wurden solche Lüster mit Kerzen illuminiert. Das ist längst anders: Mittlerweile werden die 145 Glühbirnen, die mit rund 650 Metern Kabel verdrahtet sind, einfach mit dem Umlegen eines
Schalters erleuchtet. Leider ist nicht überliefert, wann die Elektrifizierung vorgenommen wurde.
Ein solcher Kristallleuchter wiegt natürlich einiges. Bei einer Höhe von 4,50 Meter und einem Durchmesser von 1,80 Meter bringt er es auf ein Gewicht von 630 Kilogramm - und ist damit ungefähr so
schwer wie eine ausgewachsene Milchkuh.
Alle fünf Jahre wird der Kronleuchter gereinigt. Kein einfaches Unterfangen, wie der Leiter der Haustechnik, Peter Meyer, aus eigener Erfahrung weiß. „Für die Reinigung wird der Leuchter in den
Sommerferien mittels einer elektrischen Seilwinde heruntergelassen und dann rund fünf Wochen lang Stück für Stück gewaschen. Dieses Projekt beschäftigt dann fünf Personen und kostet damit rund 1000
Arbeitsstunden", rechnet er vor. „Das ist natürlich viel Zeit. Aber wenn man bedenkt, dass die Restaurierung im Jahr 2001 exakt 258.000 Mark gekostet hat, ist es der Lüster sicher wert."
Spannend ist der Grund für die damalige Restaurierung: Am 16.Oktober 2000 war der Kronleuchter nämlich einfach herabgefallen - zum Glück, ohne jemanden ernsthaft zu verletzen. Allerdings gingen
ungefähr 2.500 Teile des böhmischen Kristalls zu Bruch. Sie wurden daraufhin genauso ersetzt wie die Handkurbel, deren Arbeit nun die elektrische Seilwinde leistet.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtages, die die Geschichte kennen, gehen nie direkt unter dem Leuchter hindurch, sondern machen immer einen kleinen Bogen. Mittlerweile wird die Sicherheit des Kronleuchters allerdings regelmächtig durch den TÜV Hessen geprüft. Bruchgefahr besteht also nicht mehr.