14.06.18 || MICHELSTADT/ZELL (ODENWALD) 14. Juni 2018 - Wenn der Gast die Landschaft schmecken kann, dann heißt es im Odenwald die Lammwochen stehen an. Der Odenwald punktet mit Natur, Kultur und gutem
Essen - so sagte einmal der frühere Landrat Horst Schnur, Vater der kulinarischen Wochen im südlichsten Landesteil von Hessen. Und er sollte Recht behalten. Das wird überdeutlich an den Odenwälder
Lammwochen, die zum 25. Mal begangen werden und das stets in Gemeinschaftsaktion mit der Odenwälder Gastronomie und den heimischen Schäfern. „Dabei lassen sich die beiden Partner jährlich etwas Neues
einfallen, um mit Köstlichkeiten rund um das Schaf Lust auf Lamm zu machen und damit die Zusammenarbeit zu festigen", sagte Kornelia Horn, Geschäftsführerin der Odenwald-Tourismus GmbH (OTG).
Anweisung: Bilder folgen im Laufe des Tages
Diesmal war die Eröffnungsveranstaltung - die Lammwochen gehen vom 16.Juni bis 1.Juli - im Gasthaus „Zur Krone" in Bad König- Zell ,wo seit einem Jahr Junior-Chef Jochen Klein das Sagen hat (Spezialität: Geschmorte Lammhaxe mit Kräuterjus, hausgemachten Spätzle und Salatteller, aber auch ein Lammburger steht auf der Speisekarte und traditionelles wie z.B. Kochkäse in diversen Variationen und dem Bärlauch wird gefrönt). Mit Hilfe seiner Familie und engagierten Helfern kreierte und präsentierte er ein köstliches Menü in mehreren Gängen um das Odenwälder Weidelamm.
Den Auftakt gab er mit einem kulinarischen Einstieg im Garten des Restaurants: gebackene Praline mit Ratatouille - und Lammragout-Füllung, Odenwälder Kartoffel- Röstbrot mit Lammschinken, eine Zeller Wildkräuter-Gremolata und kandidierten Oliven sowie Tomate im Glas mit Basilikum und Schafskäse. Dort waren auch frisch geschorene Odenwälder Schafrassen zu bewundern.
Nach dem Umzug in den Saal und den obligatorischen Begrüßungsreden von Landrat und örtlichem Bürgermeister, die auf die Bedeutung der Lammwochen hinwiesen, ging es erst richtig los mit dem ersten
Gang des Menüs:
eine sousvide-gegarte Lammhüfte mit Tabouleh-Salat, grünem Apfel und Odenwälder Bärlauch-Vinaigrette.
Dass dabei Armin Treusch, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes Odenwaldkreis Pate stand, ist zu vermuten. Jedenfalls bedarf es einer Erklärung, was „sousvide-gegart" meint. Darunter
versteht man das Garen in einem Kunststoffbeutel bei relativ niedrigen Temperaturen unter 100 Grad. Und ein Tabouleh-Salat ist eine syrisch- libanesische Spezialität, deren Zutaten aus Petersilie,
Tomaten und Bulgur bestehen.
Der Odenwald, das südhessische Mittelgebirge mit seinen 2.500 Quadratkilometer - sein höchster Gipfel, ist der Katzenbuckel mit 626 Meter Höhe - geht über Hessen hinaus und so gehören Gebietsteile
nach Unterfranken (Bayern) und ins nördliche Baden (Baden-Württemberg). In der gesamten Region des Odenwaldes spielt die Zucht von Schafen und Lämmern heute noch eine bedeutende Rolle, wie es im
Gespräch mit dem RMT-Onlinemagazin der Vorsitzende des Odenwälder Schäferverein Bernd Keller - aus Michelstadt-Rehbach - betonte . Von rund 4.000 Schafen, die von 120 organisierten Schäfern im
Schäferverein und etwa 120 nichtorganisierten Schäfern - überwiegend im Nebenerwerb - gehalten werden berichtete Bernd Keller, der, selbst Besitzer von 150 Tieren ist. Dominierend sind die Rassen
Deutsche Schwarzköpfige Fleischschafe, Merinolandschafe, schwarze Jura-Schafe, Rhön-Schafe, Texel und Suffolk.
Schlachtreif sind die Lämmer, die im zeitigen Frühjahr geboren werden, im Herbst, wenn sie ein Gewicht von 16 bis 20 Kilo wiegen. „Schäfer ist ein wunderschöner Beruf, wenn auch am Tag 14 Stunden draufgehen, aber irgendwann können wir nicht mehr", klagt Vorsitzender Keller( „Mein Lieblingsgericht ist Lammbraten, gefüllt mit Bratwurst vom Lamm"). Grund: Das Aussetzen der Mutterschafprämie durch die Politik und das Auftreten der Wölfe die vermehrt Lämmer in den letzten Jahren gerissen haben tragen dazu bei, den Schäfern den Garaus zu machen.
In diesem Zusammenhang kam Keller auch auf die Weidetierprämie zu sprechen, die in vielen europäischen Ländern von dem Staat an die Schäfer bezahlt werden um ihnen ein Überleben zu sichern. Diese Weideprämie, die vom Bundestag beschlossen werden müsse, könnte bereits 2019 eingeführt werden. Bisher gibt es aber noch keine Anzeichen dafür. „Wenn dies noch länger andauert", so Vorsitzener Keller, „könnte es sein, das es in fünf Jahren kaum noch Schafzucht in Deutschland gibt und dann hätte die Ökologie das Nachsehen und der Wolf hat daran keine Arbeit gehabt". (siehe auch untenstehend unseren Beitrag: „Es fehlt die Lobby um die Politikiker wachzurütteln")
Doch zurück zu den Köstlichkeiten der Eröffnungsveranstaltung. Zweiter Menü-Gang war
eine Lammconsommee mit Ravioli ein schmackhaft zubereitetes Suppen-Gericht, das bei den über 160 Besuchern im Saal großen Anklang fand, wie die zurückgehenden leeren Teller bewiesen.
Rund um die Lammwochen, an denen sich dieses Jahr 21 Gasthäuser und Restaurants mit Lammköstlichkeiten beteiligen, gibt es darüber hinaus Veranstaltungen wie einen Kochkurs „Odenwälder Lamm vom
Feinsten" in Treuschs Kochschule, ein Erlebnistag mit Schafen und Schäfern am Waldgasthof Reußenkreuz, ein Lamm-Büffet „Tischlein deck dich !" in der Johanns-Stube in Reichelsheim, eine dreitätige
Wanderung mit einer Schafherde durch den Odenwald - hier soll der Bevölkerung und den mit wandernden Gästen u.a. ein Einblick in die Arbeit der Schafhaltung geben werden -, Lagerfeuer-Romantik bei
einer Schafherde, den 25. Odenwälder Schäfertag am 2. September in Beerfelden sowie zum Jahresausklang den Advent im Schafstall. Mit Pauschalarrangements können Interessenten die diesjärigen
Lammwochen im Haus Schönblick in Güttersbach und im Berghof in Reichelsheim-Erzbach verbringen.
Nun zum Hauptgericht, das die gesamte Konzentration der Küchencrew herausforderte:
Rosa gegarte Lammkeule vom Holzkohlengrill und Lammbauch mit geröstetem Kartoffelstampf, Heujus und zweierlei Bohnen.
Das war zweifellos der Höhepunkt des Menüs. Lammkeule und Lammbauch waren geschmacklich eine Delikatesse und erfreuten Zunge und Gaumen, zu denen vortrefflich der 2015er Umstädter Spätburgunder trocken passte. Die übrigen Getränke kamen auch aus dem Odenwald, wie Apfelwein und Apfelsaft von der Kelterei Krämer und der Aperitiv „Knall" und der „Pino Grigio" Tresterbrand von Vinum Autmundis Groß-Umstadt. Wie im Odenwald schon Tradition, dürfen „königlichen Hoheiten" nicht fehlen. So begrüßte Moderator Kai Völker die Odenwälder Kartoffelkönigin Ann-Katrin I. und ihre Prinzessin Eva I. (die auch ihre Schwester ist), die Thermen-Königin aus Bad König, die Apfelblütenkönigin aus Höchst und die Honigkönigin.
Ein süßer Ausklang des Menüs war dann das Dessert- diesmal ohne Lamm:
Köstlichkeiten von Rhabarber, Erdbeere und Hüttenthaler Joghurt, fein aufeinander abgestimmt.
... die bis zum 1. Juli im Dreieck zwischen Groß-Umstadt - Lautertal-Staffel - Gammelsbach veranstaltet werden, und die dazu herausgegebene wissenswerte Broschüre erfahren will, kann sich bei der Odenwald-Tourismus GmbH Telefon: 06 061 - 965 970 oder unter der mail: Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! Sie müssen JavaScript aktivieren, damit Sie sie sehen können. erkundigen.
Die Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern - auch von Hessen - , die vom 25.-27. April in Münster stattfand, hat den Schäfern in Deutschland nichts gebracht, denn sie hatten sich erhofft, dass
hier eine Entscheidung gefasst wird, dass die Bundesregierung die Weidetierprämie bereits für 2019 einführen kann. Genügt hätte bei der Konferenz eine Mitteilung an die europäische Kommission bis zum
01. August 2018, aber man hat sich hierzu nicht durchgerungen.
Bereits am 12. April diesen Jahres zogen die Schäfer und Schäferinnen mit Bock, Glocke und 120.000 Unterschriften vor die Landtage in zwölf Bundesländern. Dort übergaben sie die Petition #SchäfereiRetten an Landespolitiker.
In der Petition beklagen sie, dass den Schäfern der Untergang ihres Berufes droht und fordern eine Weidetierprämie. Einen Monat zuvor hatten sie bereits vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin demonstriert.
Die Leistungen der Schäferei im Naturschutz sind von großer Bedeutung für die Gesellschaft. Daher unterstützen rund 30 Verbände die Weidetierprämie. Auch immer mehr Bürger erklären sich solidarisch. Über 120.000 Menschen unterzeichneten die Petition des Schäfers Sven de Vries.
Im Jahr 2016 gab es deutschlandweit nur noch 989 haupterwerbliche Schäfereien, 13 Prozent weniger als 2010. Diese Betriebe beweiden über 6,4 Prozent des Dauergrünlandes, besonders Naturschutzflächen. Im Odenwald wird vor allem Grünland bewirtschaftet, das ohne Schafsbewirtschaftung zu 28 Prozent verloren ginge. Neben dem Odenwald gehören zu den Weideflächen im Norden der Republik die Deiche, die ehemaligen Truppenübungsplätze in den neuen Bundesländern, die Heidegebiete, Almen sowie Magerrasengebiete und Streuobstflächen.
Durch die hohen Kosten einer naturnahen Tierhaltung ist die Schäferei nicht wirtschaftlich und am preisgetriebenen Markt kaum konkurrenzfähig. Die Weidetierprämie soll den Schäfern für ihre
gesellschaftlichen Leistungen entlohnen und dem Beruf eine Zukunft geben. Odenwalds Schäfervereinsvorsitzender Bernd Keller betonte, dass die Schäfer, wenn alles abgezogen wird, unter dem Mindestlohn
arbeiten und deshalb ist Hilfe aus der Politik dringend geboten.
In 22 anderen europäischen Mitgliedstaaten werden jährlich rund 500 Millionen Euro an Weidetierprämien für Schafe und Ziegen gezahlt. Nur nicht in Deutschland. Statt auf die Entlohnung der öffentlichen Leistungen von Landwirten setzt die Bundesregierung auf Marktorientierung und Export.
Die Bundesregierung könnte die Weidetierprämie bereits 2019 einführen, doch wie es scheint haben die Schäferinnen und Schäfer bei den bundesdeutschen Politiker in Land und Bund keine Fürsprecher, dass heißt es fehlt die Lobby.
Erinnern wir uns: Der frühere langjährige Landrat des Odenwaldkreises, Horst Schnur hatte vor fast drei Jahrzehnten erkannt wie der gesamte Odenwald, dem die direkten verkehrstechnische Anbindung von
Bahn und Autobahn durch seine topografische lage fehlenan, wirtschaftlich und touristisch für die Zukunft zu rüsten. Horst Schnur sah vor sich das abwechslungsreiches Landschaftsmosaik aus grünen
Bergen, blühenden Streuobstwiesen, artenreichen Wäldern und viele geschichtsträchtige Stätten. Am Herzen lag ihm aber auch die Landwirtschaft und Gastronomie zu stärken und so kam es zur
Direktvermarktung, womit die Landwirtschaft gefördert und der angestammten Tierzucht neue Wege aufgezeigt werden.
Entstanden sind daraus die Lammwochen und die Kartoffelwochen. Nur die Besonderheiten einer Region machen auf sie aufmerksam und fördern die Wirtschaft und beleben den Tourismus, besonders den Tagestourismus der aus den Monopolregionen RheinMain und dem Neckar beworben werden muss. Wenn die Schafzucht stirbt, stirbt ein wieder ein weiterer Teil eines jahrhundertealter Berufsbildes und einer Tierart, die für die Ökologie unserer Böden sehr wichtig ist.
Werden unsere Enkel noch leibhaftige Schafe kennenlernen, oder wird ihnen von Tieren erzählt die Wolle und komische blökenartige Töne abgaben, dabei werden ihnen Bilder gezeigt und sie bekommen ein Schaf als Stofftiere geschenkt.
Übrigens schon in der Bibel werden der Schäfer neben dem Winzer und Zimmermann genannt, wie lange noch?
Zurück zu den 25. Odenwälder Lammwochen. Im Jahre 1993 hat alles im „Schmucker" in Mossau begonnen, wie viel gastronomische Betriebe damals durch die umtriebige Rekrutierung durch den damaligen
Landrats Schnur und des Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes Odenwaldkreis Armin Treusch teilnahmen war dieser Tage nicht mehr festzustellen. Mehr als 20 Betriebe und mehr nehmen
alljährlich teil, Ein Ausreiser gab es mit 17 Teilnehmern letztes Jahr, 2000 waren es 34 und 2007 33. Alljährlich findet die Eröffnung der Wochen, die im Jahr 2000 von April auf den Juni verlegt
wurden, in einem anderen Odenwälder Gastronomiebetrieb statt.
Horst Schnur, das „Urgestein", wie er von seinem Nach- Nachfolger Landrat Frank Matiaske genannt wurde, zeigte sich zufrieden im Gespräch mit dem RMT-Herausgeber was das außerordentliche Engagement aller Beteiligten angeht und besonders mit der nachwachsenden Jugend in der Gastronomie, die den Fortbestand der familiengeführten Gaststätten und Restaurants sichert und vieles neues in den Küchen durch Auslandspraktika und Reisen Einzug hält, wie zum Beispiel in der Krone in Zell.
Wussten Sie, dass die Schafhaltung im Odenwald eine lange Tradition besitzt. Um 1850 wurden etwa 13.000 Schafe gehalten. Die robusten Tiere fanden damals schon auf den kräuterreichen Weideflächen der Mittelgebirgslandschaft abwechslungsreiches Futter und erzeugen dadurch schmackhaftes Fleisch. Lammfleisch ist fettarm und besonders reich an Mineralstoffen und B-Vitaminen. Es ist mild im Geschmack, aber würzig. Zu den Lammwochen wird nur Fleisch von Tieren serviert, die hier geboren wurden.