19.01.19 || FRANKFURT/REGION (18.
Januar 2019) - Fast schon vergessen, doch noch immer aktuell ist der Neujahrswunsch, bei dem sich Menschen bei der ersten Begegnungen im neuen Jahr alles Gute, Glück und Gesundheit wünschen. Diese
Glückwünsche werden nicht nur im täglichen Miteinander gepflegt sondern auch von verschiedensten Institutionen mit Neujahrsempfängen. Einer der ersten in der Frankfurt/RheinMainRegion ist u.a. der
Deutsche Gewerkschaftsbund, es folgen Gemeinden, Städte und Landkreise, Interessen-, Berufs- und Wirtschaftsverbände, wie die Industrie- und Handelskammern (IHK). Einer der letzten im Reigen ist der
parlamentarische Neujahrsempfang der Arbeitgeberverbände des Hessischen Handwerks e.V. in den ersten Tagen des Februars. Zu den großen Auftaktveranstaltungen zum neuen Jahr gehören zweifelsohne die
der Stadt Frankfurt und der IHK bei denen zwischen 1.300 und mehr als 2.000 Gäste gezählt werden. Die jeweiligen Gastgeber geben fast immer eine Rückblick über das Vergangene und einen Ausblick auf
das neue Jahr.
Wenn sich die rund 1.300 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Stadtgesellschaft bis in die Abendstunden in Wandelhalle, Kaisersaal und den verwinkelten Fluren des Römers tummeln, dann feiert die Stadt
Frankfurt ihren traditionellen Neujahrsempfang. Dies war am Donnerstagabend dieser Woche der Fall.
Einen musiklischen Beitrag zum Neujahrsempfang gab die
Band Kaye-Ree mit "ONE". Fotos (2): Foto: Iris G. Schmidt
Was ebenfalls zu Beginn eines neuen Jahres nicht fehlen darf, wie schon erwähnt, sind gute Vorsätze. Insofern hat die Stadt mit der Wahl des diesjährigen Festredners ein klares Zeichen gesetzt: So hielt am Prof. Dr. Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel die Festrede mit dem Titel „Herausforderung Klimawandel", doch zuvor gab es die Glückwünsche vom Hessischen Consularischen Corps durch deren Präsidentin Doyenne Alla Polyova.
Latifs Anregungen stießen bei den Verantwortlichen der Stadtregierung auf offene Ohren. So merkte Oberbürgermeister Peter Feldmann in seiner Ansprache an, dass im Römer nachhaltig gehandelt werde,
der Energieverbrauch bei städtischen Neubauten stetig sinke und durch die flächendeckende Einführung von Ökostrom, den konsequenten Ausbau des Radwegnetzes, den Ausbau des Grüngürtel und Initiativen
wie Umweltlernen bereits viel erreicht wurde, um Frankfurt in ökologischer Hinsicht fit für die Zukunft zu machen. „Diese Liste ließe sich lange fortsetzen. Frankfurt hat bereits viel gemacht. Aber:
Es ist nie perfekt. Denn so wie die soziale Frage in den Städten entschieden wird, wird auch die Frage des Klimawandels dort entschieden", sagte Feldmann. Deswegen müsse die Stadt ihre Anstrengungen
noch verstärken.
Latif selbst sagt: „Der Klimawandel äußert sich einerseits durch extreme Hitze und Trockenheit, andererseits durch Starkniederschläge. Eine Stadt wie Frankfurt muss sich also auf beides vorbereiten. Um die Hitze zu mildern, wären unter anderem mehr Beschattung, mehr Grün- und Wasserflächen notwendig. Und eine Belüftung muss sichergestellt sein", rät Latif den handelnden Akteuren Frankfurts, um die Folgen des Klimawandels auf kommunaler Ebene abzumildern. Die Folgen von Starkregen abzufedern, sollte man die Flächenversiegelung stoppen oder zumindest zurückfahren, rät der Klima-Experte. Auch Flüsse müssten mehr Raum bekommen, die Kanalisation müsse angepasst werden. Begrünte Dächer könnten verhindern, dass Niederschläge sofort und mit großer Wucht auf die Böden treffen.
Natürlich haben Oberbürgermeister Feldmann und die übrigen Mitglieder des Magistrats für 2019 zahlreiche gute Vorsätze ersonnen, damit Frankfurt auch hinsichtlich seines sozialen Klimas eine
lebenswerte und bezahlbare Stadt bleibt, in der keiner an den Rand gedrängt wird. „Glaubt man den jüngsten Umfragen, dann rückt eines wieder stärker ins öffentliche Interesse: Die soziale Frage. Das
wundert mich nicht. Denn gerechte Löhne, bezahlbare Wohnungen, Teilhabe an der Gesellschaft und eigene Gesundheit sind Themen, die uns umtreiben", sagte Feldmann.
Man höre dabei viel von Krisen: Doch für ihn, so betonte das Stadtoberhaupt, sei Krise der falsche Begriff. Lieber spreche er von Herausforderungen, denen es sich gemeinsam zu stellen gelte. Aus diesem Grund habe die Stadtregierung Ende 2018 einige weitreichende Entscheidungen getroffen, um den Frankfurtern das Leben in ihrer Stadt zu erleichtern. Erstens den freien Eintritt in alle Schwimmbäder für Kinder. Zweitens das geplante Kultur- und Freizeitticket für Einrichtungen wie den Zoo und das Senckenberg Museum sowie den kostenfreien Eintritt für alle Kinder bis 18 Jahre, wenn das Monatseinkommen der Familie unter 4500 Euro netto liegt. Und drittens die Ausweitung des Anteils von geförderten Wohnungen und das Mittelstandsprogramm mit mehr Mitteln für die Wohnungsbauförderung.
Prof. Mojib Latif bei seinem Festvortrag. Foto
(1):Stadt FrankfurtHauptamt und Stadtmarketing/Felix Wachendörfer
Vor dem Neujahrsempfang der Stadt Frankfurt sprach Mirco Overländer mit Prof. Mojib Latif über die Herausforderungen des Klimawandels und darüber, was Kommunen und jeder Einzelne unternehmen können,
um die Umwelt zu schonen. Zur Erinnerung Prof. Mojib Latif ist am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel.
Herr Latif, Sie warnen seit Jahren vor den Folgen des Klimawandels. War der Hitzesommer 2018 in Ihren Augen ein Zeichen, dass der Klimawandel bereits in Deutschland angekommen ist?
PROF. MOJIB LATIF: Auf jeden Fall! Wir beobachten schon seit Jahrzehnten, dass die Temperatur in Deutschland ansteigt. 2018 hat einen neuen Temperaturrekord für Deutschland gebracht. Es war noch nie so warm seit Beginn der Messungen 1881. Und wir hatten 2018 in Frankfurt noch nie so viele Sommertage, also Tage, an denen die Temperatur mindestens 25 Grad erreicht.
Klimaskeptiker wie Donald Trump leugnen, dass der Mensch für die Veränderung des Klimas verantwortlich sein könnte. Ist diese These aus wissenschaftlicher Sicht hinnehmbar?
LATIF: Nein! Der menschliche Einfluss auf das Klima ist seit vielen Jahren nachgewiesen, Schon der Nobelpreisträger Svante Arrhenius hatte 1896 berechnet, dass die Temperatur der Erde steigen muss, wenn sich der CO2-Gehalt der Luft erhöht. Und der CO2-Gehalt der Luft ist inzwischen so hoch wie noch in der Geschichte des modernen Menschen.
Der Klimawandel ist ein globales und extrem vielschichtiges Phänomen. Was kann jeder Einzelne unternehmen, um seinen Teil zu einer besseren Umwelt beizutragen?
LATIF: Energie sparen, auf grünen Strom umsteigen, weniger Autofahren, mal das Fahrrad nehmen oder öffentliche Verkehrsmittel, weiniger Fleisch essen und vieles mehr. Dabei handelt es sich nicht um Verzicht, sondern um Gewinn! Um einen Gewinn an Lebensqualität. Wichtig ist aber auch, dass man sich einmischt. Es muss auch der Druck von unten kommen. Die Menschen müssen Klimaschutz einfordern. Dann wird er auch von der Politik umgesetzt werden.
In den 70er Jahren sprach man über das Waldsterben, später über das Ozonloch. Sehen Sie die Gefahr, dass Klimathemen gern als „Trend-Debatten" instrumentalisiert werden?
LATIF: Das Waldsterben und das Ozonloch sind reale Probleme gewesen. Man hat aber, im Gegensatz zur Erderwärmung, gehandelt. Deswegen spricht niemand mehr vom Waldsterben oder Ozonloch. Die Wissenschaft hatte rechtzeitig gewarnt, es wurde von der Politik gehandelt und man hat die Probleme in den Griff bekommen. So sollte es auch beim Problem der Erderwärmung sein!
Auch in Frankfurt ist die Politik inzwischen für extreme Wetterlagen sensibilisiert. Was raten Sie Kommunen, um sich für die Folgen des Klimawandels zu wappnen?
LATIF: Der Klimawandel äußert sich einerseits durch extreme Hitze und Trockenheit, andererseits durch Starkniederschläge. Eine Stadt wie Frankfurt muss sich also auf beides vorbereiten. Um die Hitze zu mildern wären unter anderem mehr Beschattung, mehr Grün- und Wasserflächen notwendig. Und eine Belüftung muss sichergestellt sein. Um die Folgen von Starkregen abzufedern, sollte man die Flächenversiegelung stoppen oder zumindest zurückfahren. Flüsse müssen mehr Raum bekommen, die Kanalisation muss angepasst werden und Siele müssen frei sein. Grüne Dächer können ebenfalls helfen, um durch sie einen gewissen Verzögerungseffekt zu erzielen, in dem die Niederschläge nicht sofort auf die Böden treffen.
Danke für das Gespräch